Vortrag über das Gestaltungskonzept von Uwe Linke zur Praxiseröffnung 2014
Herzlich willkommen in der Praxis von Fürstenberg, als verantwortlicher Gestalter war ich mit dem kompletten Konzept der Praxis einschließlich des Lichts betraut. Als Autor von Büchern über die Psychologie des Wohnens, Raumpsychologe und der Erfahrung von fast 30 Jahren als Gestalter hatte ich das Glück für dieses reizvolle Projekt ein authentisches Konzept zu machen.
Wenn Sie diese Zahnarztpraxis vielleicht heute zum ersten Mal betreten haben, fällt Ihnen wahrscheinlich eines auf: Ziemlich bunt ist es hier, beziehungsweise farbig, was ein kleiner Unterschied ist. Und genau dann sind Sie mir als Psychologen schon auf dem Leim gegangen. Eigentlich sollten Sie Angst haben vor Zahnärzten vor allem vor kleinen Frauen mit großen Bohrern in der Hand. Das nennt man eine paradoxe Erfahrung: Dass es so farbenfroh an einem Ort der Hygiene zugeht, wo Menschen herumlaufen, die es gut mit Ihnen meinen, aber oft wehtun.
Farben steuern unsere Emotionen mehr als uns lieb ist, weil sie immer wirken, egal, ob wir uns der Wirkung bewusst sind oder nicht. Wenn Sie an einen Wasserhahn denken, würden Sie zur blauen Seite tendieren wenn Sie warmes Wasser möchten? Oder schauen Sie auf eine rote Wand- könnten Sie frieren? Oder denken Sie an eine hölzerne Stube mit Kerzen im Vergleich einem Parkhaus mit Neolichtern. Wo ist es kälter? Haben Sie schon einmal violette Kartoffeln oder Karotten gesehen? Schauen die gesund aus? Eigentlich eher giftig.
Dabei gibt viel mehr rote Früchte, die giftig sind als grüne oder schwarze, daher ist dieses Denken unbegründet und doch ist es vorhanden.
Genauso ist es mit den Tieren hier in der Praxis: Sind Leoparden kuschelige nette Katzen, die einfach etwas größer sind? Oder Löwenmütter mit ihren Kindern, erwartet man da ein geschmeidiges Ankuscheln wenn man sich nähert? Oder Nashörner – die sehen lustig aus, wie zu groß gewordene Schweine, die sich im Schlamm suhlen. Trotzdem sind alle gefährliche Wildtiere. Sie können Sich jetzt entscheiden, vor wem Sie Angst haben: vor den wilden Tieren oder den überaus freundlichen und Kompetenten Mitarbeitern und der Zahnärztin.
Unsere Aufmerksamkeit geht trotzdem in Richtung Tiere und Verwirrung über die Farben an diesem Ort. Und damit lenken wir uns ab und vergessen die üblichen Vorurteile über unangenehme Zahnarztbesuche.
Das ist ein Trick wie ihn die Natur ständig anwendet: Denken Sie an eine Wärmflasche. Wissen Sie warum die hilft? Die Wärme entspannt, das ein Teil, aber der größere Teil der Wirkung ist, dass die Wärmeempfindung stärker ist als der Bauchschmerz, weil wir mehr Wärme- als Schmerzrezeptoren im Bauch haben. Wir lenken uns also ab und richten die Aufmerksamkeit auf etwas Positives.
Die Medizin lehrt uns das gleiche Prinzip: Man hat herausgefunden, dass es keinen Sinn macht die schlechten Darmbakterien zu bekämpfen, sondern es nur funktioniert die guten zu fördern. Es wäre spannend zu sehen, welche Auswirkungen dieses Prinzip auf den Weltfrieden hätte, wenn wir aufhören würden das schlechte zu bekämpfen und stattdessen das Gute fördern. Bei Kindern und Menschen jedenfalls funktioniert es: das Positive verstärken und das Negative nicht betonen. Denn wie ein kluger Philosoph mal gesagt hat: was lernt ein Kind, wenn es bestraft wird? Dass es bestraft wird und sonst absolut nichts! Die Ursache ist simpel: Das Gehirn kennt vereinfacht gesagt für die Verarbeitung von Emotionen zwei Zentren; das Belohnungszentrum und die Amygdala. Zusammengefasst heißt das, dass wir nur über Emotionen lernen. Im Gedächtnis hängenbleiben kann also nur etwas mit der Verknüpfung von Emotionen.
Es ist unsere Entscheidung wohin wir die Aufmerksamkeit richten:
Auf Belohnung oder Strafe.
Wenn Sie heute in eine moderne Zahnarztpraxis gehen, finden Sie meistens alles sehr schick designt, hyperedel und damit distanziert. So kommt man ehrlichgesagt eher auf die Idee, dass der Zahnarzt elitär sein will, sich abheben will. Ganz anders hier, obwohl diese Einrichtung sicher nicht billiger war. Hier kommen Sie vielleicht wenn Sie den psychologischen Ansatz dahinter nicht kennen auf die Idee, dass die Zahnärztin etwas verrückt ist hier wilde Tiere aufzuhängen und alles so farbenfroh zu machen. Dieses Prinzip funktioniert etwa so wie eine gute Therapie. Man geht hin, weil man denkt, dass man spinnt. Dann lässt man sich behandeln, bis es einem besser geht und man zum Ergebnis kommt, dass der Therapeut spinnt. Aber es geht einem besser. Ein guter Therapeut hält das aus und den Menschen hilft es.
Ich bin dankbar, dass mir Frau Fürstenberg die Gelegenheit gegeben hat hier moderne Raumpsychologie anzuwenden und so mutig war, sich darauf einzulassen. Und ich bin froh, dass es hier in Landshut einen neuen Ort gibt, an dem alles getan wird, damit Sie sich wohlfühlen und ein kleines Stück geheilt werden.